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Aufgabenfelder
 
  2    Aufgabenfelder einer Beraterin/ eines Beraters
 für Unterrichtsentwicklung

Die Beraterin/ der Berater für Unterrichtsentwicklung versteht sich als Expertin/ Experte für die
Förderung einer kompetenzorientierten, standardbasierten Weiterentwicklung des Unterrichts.
Ausgangspunkt dafür ist die ausgewiesene fachliche und fachdidaktische Kompetenz der Beraterin/ des
Beraters schwerpunktmäßig in einem der Bildungsstandard-Fächer9. Das
Aufgabenverständnis als Beratungsperson geht jedoch über einen rein fachlichen und
fachdidaktischen Anteil hinaus: Der Fokus liegt auf der Unterrichtsentwicklung.
Adressaten für die Beratungsprozesse werden vornehmlich Fachgruppen und
Fachkonferenzen sein. Ziel ist es, über die Vermittlung und Durchdringung des
Grundverständnisses kompetenz- und standardbasierter Unterrichtsentwicklung für diese
Gruppen geeignete Vorgehensweisen, bewährte Instrumente, Methoden und Materialien
einzuführen, anzuwenden, zu evaluieren und dabei auch Unterstützung bei deren
Implementierung zu leisten.

Professionelle Fachgruppenarbeit geht über individuelle Unterrichtsvorbereitung hinaus, weist
Merkmale "professioneller Lerngemeinschaften" (PLG)10 auf und zeichnet sich durch
fachlichen Austausch und kollegiale Kooperation auf der Basis eines reflektierten
gemeinsamen Erfahrungswissens aus. Damit erweitert sich das Tätigkeitsfeld der beteiligten
Lehrkräfte ebenso wie das Aufgabenfeld einer Beratung: Prozesse begleiten, informieren oder
qualifizieren sind professionelle Fertigkeiten, die eine Beraterin oder ein Berater für eine
erfolgreiche Arbeit in einer Lehrergruppe zu leisten haben. Diese Aufgaben gehen über eine
rein fachlich-unterrichtliche Beratung hinaus. Hinzu kommen weitere Anforderungen an die
Beratungsperson wie das Moderieren von Gruppenprozessen oder ein Informieren über
vorteilhafte Organisationsmaßnahmen innerhalb der Schulabläufe. Ziel einer solchen
Beratertätigkeit ist es, die Gruppe und deren Arbeitsabläufe nachhaltig im Schulleben zu
sichern und zu fördern - immer im Sinne der Qualitätsverbesserung des Unterrichts und der
Bedingungen für die Schülerinnen und Schüler.

Bezogen auf die Aufgabenfelder dieser Unterstützerinnen und Unterstützer steht das Beraten
im Mittelpunkt der konkreten Tätigkeit. Beraten wird weiter ausdifferenziert in Informieren,
Qualifizieren, Moderieren
und Prozesse begleiten:
Informieren
Der Begriff "Informieren" meint die Tätigkeiten, die
der Berater/die Beraterin durchführt, um andere
Personen bzw. Gruppen mit wesentlichen
Prinzipien sowie Rahmenbedingungen und
Gelingensfaktoren von standard- und
kompetenzbasiertem Unterricht vertraut zu
machen. Somit wird verstärkt die Wissensbasis der
Lehrkräfte erweitert.
Die Beraterin/ der Berater für UE informiert auf
Nachfrage oder als Angebot über vereinbarte
Themen(bereiche), insbesondere aktuelle
bildungspolitische und (fach-) didaktische
Entwicklungen, für die sie/ er eine
entsprechende Fachexpertise aufweist.
Zielgruppen können alle in der Handreichung
genannten möglichen Adressaten sein. Die
Vermittlung erfordert die Nutzung adäquater
Medien sowie geeigneter Visualisierungs- und
Präsentationstechniken und erfordert die
Verknüpfung von fachlicher Expertise mit Wissen
über aktuelle Entwicklungen.
Moderieren
Die Beraterin/ der Berater für UE schafft durch die
Moderation für die Zielgruppe (siehe 3.1) einen
Rahmen, der es ermöglicht, in Arbeitsprozessen
wertschätzend zu kommunizieren, Themen(bereiche)
inhaltlich zu strukturieren und zielführend zu
bearbeiten
(siehe Aufzählung in "Prozesse begleiten").
Qualifizieren
Der Begriff "Qualifizieren" meint die Tätigkeiten,
die der Berater / die Beraterin nutzt, um andere
zu befähigen, standard- und kompetenzbasierten
Unterricht umzusetzen. Somit wird der
Kompetenzerwerb auf der Ebene der Lehrkräfte
gefördert.
Die Beraterin/ der Berater für UE führt auf
Nachfrage oder als Angebot Fortbildungen/
Qualifizierungen zu vereinbarten
Themen(bereichen) durch, z.B. die Erstellung
schuleigener Curricula/ Arbeitspläne,
kompetenzbasierter Unterricht, Formen der
Leistungsermittlung/-bewertung, Aufgabenkultur etc.
Zielgruppen sind primär schulinterne
Fachgruppen/ Fachkonferenzen/ Fachschaften
und deren Vorsitzende sowohl schulintern
(verschiedene Fächer) als auch regional
(fachspezifisch). Die Arbeitsweise kombiniert
Theorie- und Praxisanteile und zielt auf die
konkrete Umsetzung im Unterricht.
Prozesse begleiten
"Prozesse begleiten" meint die mittelfristige Arbeit mit
einem festen Teilnehmerkreis, der die Tätigkeiten
Qualifizieren, Moderieren und Informieren beinhalten
kann. Ausgehend von einem systemischen Ansatz,
legt die Beraterin /der Berater bei der
Prozessbegleitung Wert auf
  • gemeinsame Zielklärung
  • Vereinbarungen über Abläufe, Strukturen und
    Dauer
  • Sichern der Ergebnisse
  • Klärung der jeweiligen Rollen, Aufgaben und
    Verantwortlichkeiten
  • modellhaftes Arbeiten (Transfermöglichkeiten,
    Nachhaltigkeit)
  • Einbeziehen von systemeigenem Wissen und
    Erfahrungen
  • kontinuierliche Reflexionsschleifen.
Die Beraterin / der Berater bringt den externen Blick
ein und kann das Wahrgenommene spiegeln sowie
Alternativen mit möglichen Konsequenzen aufzeigen.

Abb. 2: Konkretisierung der Aufgabenfelder einer Beraterin/ eines Beraters
für Unterrichtsentwicklung

Diese Kernbereiche werden im Beratungsprozess je nach Situation, Adressatengruppe und
spezifischen Bedingungen ziel- und lösungsorientiert miteinander verbunden und stehen mit
weiteren Aufgabenfeldern in Wechselwirkung. In diesen Prozessen hat die Beraterin/ der
Berater die Aufgabe, den Entwicklungsprozess der Gruppe permanent im Auge zu haben,
mögliche Schnitt- und Bruchstellen zu erkennen und entsprechend zu agieren. Aus diesen
Gründen sind Reflexion und Evaluation im Hinblick auf eine Vernetzung aller Elemente
ständige Aufgabe im Beratungsprozess. Dafür ist eine entsprechende Grundhaltung
notwendig, die regelmäßige Reflexion, Diagnostizieren im Prozess und das Einholen und
Bearbeiten von Rückmeldungen auf verschiedenen Ebenen fördert. Die Entwicklung zu einem
"Reflektierten Praktiker" gilt daher im besonderen Maße für Beraterinnen und Berater.

Abb 3: Aufgabenfelder einer Beraterin/ eines Beraters für Unterrichtsentwicklung

Jeder Beratungsprozess findet auf Augenhöhe statt: Die Lehrkräfte in den Fachgruppen
sind Expertinnen und Experten für ihre spezifische Situation, ihre konkrete Schülerschaft, ihre
besondern schulischen Bedingungen und Möglichkeiten etc. Die Beratungspersonen sind
Expertinnen und Experten für die Entwicklung kompetenz- und standardbasierten Unterrichts.
Im gemeinsam vereinbarten und gestalteten Beratungsprozess fließen die jeweiligen
Kenntnisse und Erfahrungen ineinander, um möglichst adressatengerecht zu wirksamer und
nachhaltiger Weiterentwicklung beizutragen. Dabei lernen die beteiligten Lehrkräfte in der
Gruppe auch, wie die verschiedenen Arbeitsprozesse in einer Gruppe zu sichern und zu
fördern sind. Dies ist nicht nur ein willkommener Nebeneffekt der gemeinsamen Arbeit,
sondern eine langfristige Aufgabe der Beratungstätigkeit: Mit jeder Beratung ist auch das Ziel
verbunden, die eigene Beratungskompetenz weiterzugeben, damit die beteiligten Personen
zunehmend selbstverantwortlich ihre eigenen Entwicklungsprozesse initiieren, fördern und
steuern lernen.
Die Beratungstätigkeit sollte daher im Laufe der Zusammenarbeit zunehmend als ein
wechselseitiger Prozess entwickelt werden, in dem alle Beteiligten voneinander profitieren
können. Dieses Prinzip der Partizipation und des "Rollentauschs" besteht aus "sprechen" und
"zuhören", aus "beraten" und "lernen" und aus "geben" und "nehmen". Vorschläge werden
gemacht, akzeptiert oder verworfen und damit gemeinsame Möglichkeiten aufgezeigt, die
ergriffen oder abgelehnt werden können. Die Schaffung eines derartigen gemeinsamen
"Möglichkeitsraumes" für alle verlangt notwendiger Weise, dass den beteiligten Lehrkräften die
Verantwortung für die Unterrichtsentwicklungen und für ihren eigenen Lernprozess nicht
abgenommen werden kann und soll. Nur in Selbstverantwortung und Eigenständigkeit können
die notwendigen Entscheidungen für den weiteren schulinternen Entwicklungsprozess
getroffen werden.

 
9 Mittlerweile basieren alle neuen Curricula in den Ländern auf Standards für Bildung in den Fächern und
Lernbereichen. Wenngleich sich diese Handreichung auch auf die Implementierung der von der KMK veröffentlichten
Bildungsstandards konzentriert, gelten die Empfehlungen auch für die übrigen Fächer und Lernbereiche eines
Bildungsganges in adäquater Form.

10 Vgl. Rolff (2007), 113-130.
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